Bericht über die Exkursion der TBG am 22.06.2013: „Gölitzwände bei Rudolstadt“ (MTB-VQ: 5233/43, 5333/21)

 

Text und Fotos Peter Rode (Stadtroda)

 

Lediglich neun Teilnehmer waren zur Exkursion gekommen, die von Dr. Hans-Joachim Zündorf geführt wurde. Sie begann am Bahnhof von Bad Blankenburg, einer Kleinstadt mit ca. 6.000 Einwohnern (mit Ortsteilen ca. 6850 Einwohner) im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt, die an einer markanten Stelle des Schwarzatales liegt (Mündung des Rinnebaches und Abknicken des Tales nach West-Ost). Im Norden der Stadt liegen die markanten Muschelkalkhöhen des Hausberges, Kesselberges und der Gölitzwände, im Süden sind bereits die Höhen des Schiefergebirges mit dem tiefen Taleinschnitt des Schwarzatales zu sehen.

 

Bad Blankenburg war jahrhundertelang eng mit der Geschichte der Schwarzburger Grafen verbunden: bereits 1208 wurde es unter König Otto IV. mit dem Krongutbezirk Saalfeld an die Grafen von Schwarzburg verpfändet und blieb bis ins 20. Jahrhundert im Besitz dieses Geschlechtes. Am Ende des 13. Jahrhunderts bildete sich eine eigene Linie Schwarzburg-Blankenburg, die auf der Burg Greifenstein hoch über der Stadt, einer der größten Burganlagen Thüringens, saß. Hier soll 1304 der 1349 von der wittelsbachischen Partei zum Gegenkönig Karls IV. gewählte Schwarzburger Graf Günther XXI. geboren worden sein, der im Frankfurter Dom begraben liegt – einer der wenigen Thüringer, die im Spätmittelalter die Reichspolitik beeinflussten.

 

Die Exkursion führte nach dem Verlassen der Innenstadt durch einen romantischen Hohlweg, den Burgweg, aus der Stadt heraus bergan. An den Hohlwegflanken war bereits eine erste botanische Besonderheit zu sehen: Die Schwarze Teufelskralle (Phyteuma nigrum), besitzt hier in der Umgebung von Bad Blankenburg mehrere Fundpunkte. Es handelt sich um eine mitteleuropäische Sippe, die vor allem an den Säumen lichter Mischwälder, aber auf auch Bergwiesen vorkommt. Verblüht – wie am Burgweg zu beobachten – ist sie kaum von der Ährigen Teufelskralle (Ph. spicatum) zu unterscheiden. Das Verhältnis Länge/Breite der Grundblätter ist tendenziell etwas größer, aber für eine sichere Bestimmung reicht dies nicht aus.

Der Hohlweg mündete in die asphaltierte Zufahrtsstraße zur Burg Greifenstein. Hier beginnt das 1961 unter Schutz gestellte Naturschutzgebiet „Greifenstein“, das mit einer Größe von 59,9 ha den Burgberg („Hausberg“) und die südlichen Abhänge des Kesselberges nördlich des Greifensteins umfasst. Im Buchenwald beiderseits des Fahrweges blühte das Rote Waldvögelein (Cephalanthera rubra) recht zahlreich; diese Orchideenart „begleitete“ uns heute in großen Beständen während der ganzen Exkursion.

Vom „Stadtblick“ gab es einen sehr schönen Ausblick nicht nur auf Bad Blankenburg, sondern auch auf das Schwarzatal und die südlich an die Stadt angrenzenden Höhen. In der Umgebung der Bank am Stadtblick finden sich verbuschte Halbtrockenrasen, u.a. mit Bayrischem Vermeinkraut (Thesium bavarum) und Aufrechtem Ziest (Stachys recta); direkt neben der Bank stand ein ca. 2 m hohes Bäumchen der bisher als Vielkerbige Mehlbeere (Sorbus multicrenata) bezeichneten hybridogenen Sorbus-Sippe.

Am Steilhang über dem Fahrweg zur Burg standen ca. 10–15 Exemplare des Duft-Schöterichs (Erysimum odoratum) in Blüte. Diese in Thüringen seltene Art (nur von etwa 35 Messtischblatt-Viertelquadranten liegen Angaben aus der Zeit nach 1990 vor) hat ihren Verbreitungsschwerpunkt in Teilgebieten der Ilm-Saale-Muschelkalkplatte, vor allem um Arnstadt-Plaue und um Bad Blankenburg-Pößneck. Häufiger ist diese europäisch-kontinentale Art zum Beispiel in der Frankenalb zu finden. Eines ihrer sicheren Merkmale ist die fehlende Behaarung auf den Kanten der Schoten, weshalb diese grünlich hervortreten.

Am Anstieg von der Burg nach Westen stand im Buchenwald am Weg zahlreich das Berg-Hellerkraut (Noccaea montana), welches durch seine charakteristischen Früchte auffiel. Auch diese Art war am gesamten Weg an der Hangoberkante im weiteren Exkursionsverlauf zu finden.

Der Weg führte nun nördlich der Burg Greifenstein aufwärts zum Kesselberg. Im Buchenmischwald waren zum Beispiel Grünliche Wintergrün (Pyrola chlorantha, an mehreren stellen) und ein kleiner Bestand der Korallenwurz (Corallorrhiza trifida) zu finden. Durch einen imposanten Bergrutsch ging es auf einem Zickzack-Pfad bergan und wir erreichten die Hangoberkante.  Von nun an waren in diesem Übergangsbereich zwischen Steilhang und Plateau die Echte Felsenmispel (Amelanchier ovalis), die Gewöhnliche Zwergmispel (Cotoneaster integerrimus) und die Mehlbeere (Sorbus aria) recht häufig. Die Echte Felsenmispel besitzt in Thüringen nur wenige Verbreitungszentren, darunter im Südteil der Ilm-Saale-Platte. Sie wächst oft an den Oberkanten der Muschelkalk-Felsabstürze und zeichnet sich dort durch eine ganz charakteristische Wuchsform (über die Felsen überhängend) aus.

An der  Kesselwarte, einer Holzhütte mit schöner Aussicht nach Süden, wurde gerastet. Dort erinnert eine Tafel an den Blankenburger Insektenkundler Prof. Dr. Otto Schmiedeknecht (1847–1936), der neben seiner intensiven Beschäftigung mit den Hymenopteren durchaus auch ein guter Kenner der heimatlichen Flora war. Am Wegrand unmittelbar westlich der Hütte war ein kleiner Bestand des Gewöhnlichen Katzenpfötchens (Antennaria dioica) zu sehen – eine konkurrenzschwache Art, die in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist.

Der Weg verlief nun weiter nach Nordwesten an der Hangoberkante des Kesselberges. Im Naturschutzgebiet „Greifenstein“ und seiner Umgebung soll es mehrere hundert Eiben (Taxus baccata) geben. Wir sahen zahlreiche, vom Rehwild stark verbissene Jungpflanzen in den Kiefernbeständen. Im lichten Kiefernbestand des Rabenfelsens stand ein großes baumförmiges Exemplar der Breitblättrigen Mehlbeere (Sorbus latifolia agg.), in dessen Umgebung auch zahlreiche Wurzelaustriebe zu beobachten waren.

 

Nun verlief der Weg unmittelbar an der Hangoberkante der Gölitzwände. Eindrucksvoll waren die Felsbänke, die dank ihrer Widerständigkeit herausgewittert sind und sogar Hohlräume gebildet haben. Auf den Felsen stocken Kiefern, die von dem ständig wehenden Aufwinden skurril verformt wurden („Windflüchter“). Im Fichten-Kiefernforst auf dem Plateau fand Jörg Riedel einen größeren Bestand (mehrere hundert Rosetten) des Kriechenden Netzblatts (Goodyera repens).

Am Fröbel-Denkmal, welches an den Pädagogen Friedrich Fröbel (1782–1852) erinnert, der 1837 in Blankenburg eine „Pflege-, Spiel- und Beschäftigungsanstalt“ für Kleinkinder gründete und auf den die Bezeichnung „Kindergarten“ zurückgeht, wurde noch einmal kurz gerastet. Danach ging es auf einem Feldweg, nördlich an Kleingölitz vorbei, zurück. Herrliche Ausblicke in eine reich strukturierte und deshalb auch artenreiche Landschaft gab es an vielen Stellen. In den Obstwiesen wurden früher Wallnüsse angebaut, imposante alte Bäume erinnern noch daran. In einem kleinen aufgelassenen Halbtrockenrasen am Weg blühte ein kleinerer Bestand der Echten Schwarzwurzel (Scorzonera hispanica) zusammen mit der Großen Händelwurz (Gymnadenia conopsea). Entlang dieses Weges informieren Schautafeln über Leben und Wirken Friedrich Fröbels.

Der Weg mündet in den Fahrweg, der nördlich um die Burg Greifenstein führt. Über diesen Fahrweg und den oben erwähnten Hohlweg erreichten wir den Ausgangspunkt der Exkursion.

 

Vielen Dank an Dr. Zündorf für die interessanten Fakten und geduldigen Erläuterungen!

Bei der Exkursion konnten „nebenbei“ 13 Biotope mit Vorkommen von Rote-Liste-Pflanzenarten kartiert werden.

 

 

Literatur:

 

Geschichte, Geologie

Autorenkollektiv (1976): Lehrbuch der deutschen Geschichte. Band 2/3: Deutschland in der Epoche des vollentfalteten Feudalismus von der Mitte des 13. bis zum ausgehenden 15. Jahrhundert. – Berlin: VEB Deutscher Verl. der Wissenschaften, S. 199.

Bergner, H. (1987): Das System der Bergrutsche. - In: Pfaehler, D. (Hrsg.): Thüringen ist voller Erzählungen. Stuttgart, Wien, K. Thienemann Verl., S. 65–80.

Patze, H. (Hrsg., 1989): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. 9. Band: Thüringen. 2. Aufl. -  Stuttgart: Alfred Kröner Verl. – 592 S.

 

Botanik, Naturschutz:

Korsch, H., W. Westhus & H.-J. Zündorf (2002): Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen Thüringens. – Jena: Weissdorn-Verl., 419 S.

Wenzel, H., W. Westhus, F. Fritzlar, R. Haupt & W. Hiekel (2012):  Die Naturschutzgebiete Thüringens. – Jena: Weissdorn-Verl., S. 372–375.

Zündorf, H.-J., K.-F. Günther, H. Korsch & W. Westhus (2006): Flora von Thüringen. – Jena: Weissdorn- Verl. – 764 S.